„Nachgefragt“ – im Gespräch mit Georg Stolzenburg, Managing Director Kanebo Cosmetics Deutschland GmbH

Ein langwieriger Rechtsstreit zwischen dem japanischen Luxuskosmetikhersteller Kanebo Cosmetics und der deutschen Handelskette real hat nun sein Ende gefunden. In einem wegweisenden Urteil hat das Oberlandesgericht Düsseldorf zu Gunsten von Kanebo Cosmetics entschieden, und damit dürfte der jahrelange Konflikt, der sich gegen den Vertrieb von Graumarktware in real-Warenhäusern und auf der Plattform real.de richtete, nunmehr abgeschlossen sein.

Der Streit begann bereits 2017, als Kanebo Cosmetics gegen den Wiederverkauf von Originalware mit den Marken SENSAI und KANEBO bei real vorging. Das Unternehmen argumentierte, dass der Vertrieb in einem ruf- und imageschädigenden Verkaufsumfeld dem exklusiven Image seiner Marken schaden würde und daher europaweit zu untersagen sei. Die Düsseldorfer Gerichte folgten dieser Argumentation bereits im Eilverfahren, und das Oberlandesgericht Düsseldorf fällte 2018 ein wegweisendes Urteil. Nach einem Hauptsacheverfahren im Jahr 2022, in dem das Landgericht Düsseldorf real europaweit den Vertrieb von SENSAI- und KANEBO-Kosmetika untersagte, wurde die Berufung gegen dieses Urteil nun vollumfänglich zurückgewiesen. Die Entscheidung markiert einen bedeutenden Erfolg für Kanebo Cosmetics in ihrem Bestreben, das Ansehen ihrer exklusiven Marken zu schützen.

Das Urteil festigt nicht nur die Rechte von Luxusmarkeninhabern, sondern stellt auch einen Meilenstein in der nationalen Fortführung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Erschöpfungsausschluss dar.

Georg Stolzenburg, Managing Director Kanebo Cosmetics Deutschland Gmbh, nimmt in ‚Nachgefragt‘ ausführlich Stellung zu dem wegweisenden Urteil und ermutigt Marken, sich für das Luxusimage ihrer Güter einzusetzen.

 Es freut uns, dass Ihnen mit Kanebo Cosmetics ein weiterer Erfolg im Kampf gegen den Vertrieb von Graumarktware gelungen ist und Sie einen langjährigen Rechtsstreit gegen die Warenhauskette real sowie die Plattform real.de gewonnen haben. Wie bewerten Sie das Urteil? Und welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Markenintegrität von „Kanebo“ und „Sensai“?

Wir sind sehr erfreut, das langwierige Verfahren gegen Real zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht zu haben.

Das Gericht hat nun erstmals den Vertrieb von Graumarkt-Luxuskosmetik in einem ruf- und imageschädigenden Verkaufsumfeld verboten und stellt klar, dass es sich bei der Onlineplattform real.de und bei den real,- SB-Warenhäusern um Verkaufskanäle bzw. -stätten für Waren aller Art handelte, die – selbst bei teilweise hochwertigerer Sortimentsführung – eine irgendwie geartete „Aura des Exklusiven“ nicht möglich machten.

Das Urteil stellt aus unserer Sicht einen Meilenstein in der Fortführung der markenrechtlichen Rechtsprechung dar und leistet einen Beitrag zum Schutz von selektiv vertriebenen Luxuswaren. Es ist besonders erfreulich, dass das Oberlandesgericht einen unionsweiten Unterlassungsanspruch zuerkannt hat und den Graumarktvertrieb sowohl online als auch offline untersagt hat. Ein für uns besonders wichtiger Punkt war auch, dass das Gericht anerkannt hat, dass es Marken im höchsten Luxussegment (wie „Kanebo“ und „Sensai“) gibt, deren Vertrieb unter bestimmten Umständen sogar per se verboten werden kann. Damit wird es zukünftig sicherlich leichter, den Graumarkthandel mit „Kanebo“ und „Sensai“-Produkten zu unterbinden.

Haben sich während des Verfahrens Lücken in der bestehenden Rechtsprechung gezeigt, die den Marken die Durchsetzung ihrer Rechte erschweren?

Während des Verfahrens haben sich eine Vielzahl von Rechtsfragen gestellt, die noch nicht klar (genug) beantwortet waren. Zum Beispiel wurde darüber diskutiert, ob ein Imageschaden durch Graumarktvertrieb schon eingetreten sein oder „nur“ drohen muss. Diese Frage hat das Oberlandesgericht Düsseldorf klar zu Gunsten der Markeninhaber dahingehend beantwortet, dass es ausreicht, wenn ein Imageschaden droht. Ein weiteres Argument, mit dem sich Real zu verteidigen versucht hatte, war, dass vor allem Reals Onlinevertrieb sich gar nicht so sehr vom autorisierten Onlinevertrieb unterscheide, weil auf einer Webseite keine Beratung stattfinde und letztlich alle Waren nebeneinander angeboten würden. Auch dieses Argument hat das Oberlandesgericht mit klaren Worten entkräftet. Es steht damit fest, dass Onlinevertrieb nicht gleich Onlinevertrieb ist – und dass der Graumarkthandel auch in diesem Bereich durchaus untersagt werden kann.

Wie beeinflusst Ihr Engagement gegen den unautorisierten Vertrieb die Beziehung zwischen „Kanebo“ und seinen autorisierten Vertriebspartnern?

Die Tatsache, dass wir unser selektives Vertriebssystem aufrechterhalten und verteidigen ist auch für unsere Vertriebspartner von großer Bedeutung. Wir formulieren für die Marke „SENSAI“ einen Luxusanspruch und lösen diesen auch ein, wobei der Vertriebsform besondere Bedeutung zukommt. Ein streng reglementiertes sowie gelebtes selektives Vertriebssystem ist dafür die Voraussetzung.

Nur durch diese Selektivität lässt sich die Exklusivität der Marke erhalten und davon profitieren unsere Vertriebspartner und wir gleichermaßen. Wir beobachten durchaus, dass unser Engagement in dieser Angelegenheit von unseren Partnern gesehen und geschätzt wird.     In letzter Konsequenz muss sich ein solcher selektiver Vertrieb – durch den wir auf Umsatz an vielen anderen Orten verzichten – dadurch rechnen, dass die bestehenden Partner unsere Marke besonders unterstützen.

 Welche Ratschläge würden Sie anderen Marken geben, die mit ähnlichen Problemen im Zusammenhang mit dem unautorisierten Verkauf ihrer Produkte konfrontiert sind?

Wegen des markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatzes ist ein Verbot des Weiterverkaufs von Originalware, die ein Hersteller selbst in der EU auf den Markt gebracht hat, regelmäßig ausgeschlossen.

Der Hersteller kann sich einem solchem Vertrieb aber aus „berechtigten Gründen“ widersetzen. Und nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf liegt nun ein solcher berechtigter Grund vor, wenn Luxuskosmetik in einem Umfeld weiterverkauft wird, das geeignet ist, das Prestigeimage der Marke zu beeinträchtigen.

Die Graumarktbekämpfung ist und bleibt schwierig, mühsam und kostenintensiv. Soll der Luxuscharakter einer Marke aber dauerhaft erhalten bleiben sind diese Maßnahmen alternativlos. Einer Reihe von Urteilen in den letzten Jahren, die den selektiven Vertrieb schützen, ist jetzt ein weiteres hinzugefügt worden. Und umso mehr Markeninhaber gegen den Graumarkt vorgehen, weitere Urteile erstreiten, dieses und andere Urteile nutzen, um Ihre Marke zu schützen, umso besser.